Janine Weigele von FAIBRICS hat uns erzählt, welchen innovativen Weg sie gehen und welche Herausforderungen damit verbunden sind.
Liebe Janine, kannst du kurz erklären, was ihr bei FAIBRICS macht?
Wir bei FAIBRICS führen eine automatisierte Qualitätskontrolle mit Künstlicher Intelligenz durch, um Nahtfehler im Textilbereich zu reduzieren. Diese KI-basierte Echtzeitanalyse der Naht ermöglicht es Ressourcen zu sparen.
Wann kam euch die Idee, eine eigene Firma zu gründen? Was war der Auslöser dafür?
Meine Mitstreiterin Marie und ich haben im Rahmen unserer Masterarbeit in Albstadt und Sigmaringen ein Forschungsprojekt im Kontext Industrie 4.0 begleitet und festgestellt, dass die Textilindustrie sich danach sehnt, digitaler und nachhaltiger zu werden. Die Textilunternehmen auf der Schwäbischen Alb haben
uns ihre Pain-Points gespiegelt und diesen Bedarf bestätigt. Maßgeblich geht es darum digitaler zu werden, um eine Rückverfolgung der Fehler vorzunehmen und ein frühzeitiges Eingreifen in den Prozess zu ermöglichen. Daher haben wir ein
Kamerasystem mit KI entwickelt. Nach Abschluss des Projekts war die Resonanz so groß, dass wir weiter gemacht haben und uns für ein KI-Accelerator-Programm in Heidelberg beworben haben. Seit November haben wir die Möglichkeit uns voll und ganz durch die Finanzierung mit einem EXIST-Gründerstipendium unserem Thema
zu widmen.
Ist das System bereits im Einsatz?
Aktuell sind wir in der Prototypenphase. Unser Pilotkunde May testet die Lösung bereits. Dabei lernen wir immer dazu, denn Nähmaschinen sind sehr personalisiert und daher ist es häufig schwierig, die Kamera anzubringen. Eine Langzeitvalidierung steht allerdings noch bevor. Die Gesamt-Software-Architektur ist im Moment noch in der Entwicklung.
Was macht eure Idee so besonders?
Qualitätssicherung hat seither manuell stattgefunden. Näherinnen haben volumenseitig ein Tagesziel, so dass Unterbrechungen natürlich nicht gewünscht sind. Häufig findet daher erst am Ende der Produktion die Qualitätskontrolle statt. Die Überprüfung in Echtzeit, um gleich in den Prozess eingreifen zu können, ist daher unser USP. Unser Kamerasystem kann als Add-on an nahezu jeden Nähmaschinentyp angebracht werden.
Wie funktioniert bei euch die Finanzierung?
Wir haben das EXIST Gründerstipendium. Das ist toll, aber natürlich auch endlich. Gerne würde ich mal kurz in die Zukunft schauen, um zu wissen, wie es für uns danach weiter geht.
Das Anschlussstipendium zu EXIST greift nur vor der konkreten Gründung eines Unternehmens, daher sind wir gerade am Abwägen. Das Produkt muss noch reifen, um es an den Markt bringen zu können, denn noch ist es ein Proof-of-Concept. In 1-2 Monaten wollen wir diese Entscheidung treffen!
Was bedeutet für dich – in Bezug auf euren Business – Regionalität?
Wir arbeiten viel Remote – zumindest europaweit – und sprechen mit Smart Factories in Portugal. Lokal gibt es natürlich weniger Textilindustrie, dafür aber tolle Start-up Netzwerke und Software Hersteller von deren Erfahrung wir profitieren. Aktuell konzentrieren wir uns auf den Automotive Bereich und technische Textilien. Hier wird tatsächlich viel in Deutschland produziert. Auch im Fashion Bereich gibt es da aktuell Veränderungen: Die C&A Factory verlagert ihre Jeansproduktion zurück nach Deutschland.
Was bedeutet für dich – in Bezug auf euren Business – das Schlagwort “Nachhaltigkeit”?
Nachhaltigkeit spielt in der Textilindustrie eine große Rolle. Der Endverbraucher verändert sein Verhalten immer mehr und daher sind auch die Unternehmen unter Druck. Die Rückverfolgbarkeit von Produkten wird zunehmend wichtiger. Da zahlt unsere Lösung natürlich darauf ein, wenn weitere Fehlproduktion vermieden werden kann. Wenn nachgelagerte Prozesse nicht unnötig durchgeführt werden, schont das die Ressourcen Mensch und Material. Auch eine Fehlervorhersage ist auf unserer Roadmap.
Mit welcher Person würdest du dich gerne mal austauschen und gibt es ein unternehmerisches Vorbild für dich?
Generell habe ich schon einen guten Austausch in meinem Netzwerk. Aber eine Person würde ich dennoch gerne treffen und mich von ihren Arbeiten bei der NASA inspirieren lassen: Ellen Ochoa. Vielleicht könnte man hier sogar den Inhalt auf unser Thema übertragen: von der Mustererkennung in der Ozon-Schicht. Aber ich finde es auch so extrem spannend die Erde mal aus einer anderen Perspektive zu sehen!
Allgemein inspirieren mich viele Personen, aber wahrscheinliche ist meine Familie ein Vorbild, da sie mir immer half Neues zu wagen, meine Stärken zu stärken und beibrachte, dass Scheitern ok ist. Dieser Rückhalt hilft mir enorm!