Daniel Singh hat uns mehr über seine Brauerei SinghBräu erzählt. Im Interview erfährst Du, wie ihm die Idee für eine eigene Brauerei kam, was für ihn Regionalität bedeutet und was seiner Meinung nach wichtige Eigenschaften eines Gründers sind.
Daniel, was macht eure Brauerei aus? Kannst du mir das in einem Satz sagen?
Challenge accepted! Wir sind eine klassische Kleinbrauerei mit hohem Augenmerk auf traditionellem Bierstil, den wir modern interpretieren.
Wann kam Dir die Idee eine eigene Brauerei zu gründen?
Im Grunde hat mich schon immer das Produkt Bier fasziniert, daher wollte ich nach meinem Studium als Diplom-Braumeister an der TU München am Standort Weihenstephan auch daran anknüpfen und selbst kreativ werden. Durch die technischen und mikrobiologischen Hintergründe aus dem Studium hatte ich das Handwerkszeug gelernt. Außerdem hatte ich die Chance am Ende des Studiums eine eigene kleine Brauerei zu übernehmen und loszulegen. Diese Chance hat mich dann in die Selbständigkeit geführt. Ich nehme an, dass die meisten Braumeister in den Großbrauereien insgeheim den Wunsch haben, eine eigene Brauerei zu führen, denn als technischer Leiter einer Großbrauerei hat man tatsächlich nur noch wenige Berührungspunkte
mit dem Brauen.
Was hat dich dazu ermutigt den Schritt in die Selbstständigkeit zu gehen?
Durst ist immer ein „gutes“ Problem – aber Spaß beiseite: es ist recht schwer, das Rad neu zu erfinden, aber ich habe eine Nische erkannt und bin reingesprungen. Als es Ende 2018 losging gab es zwar schon eine Kleinbrauer Szene in größeren Städten wie Hamburg und Berlin, aber in Stuttgart haben die großen Brauereien dominiert. Diese Lücke gab es zu füllen und mit lokalen Angeboten zu versehen.
In welchem Stadium befindet sich die Idee?
Ende 2018 habe ich meine erste Brauerei gepachtet, aber ich hatte die Vision rund um das Brauen auch eine Biererlebniswelt zu schaffen, bei der man neben guten Produkten auch eine transparente Braustätte vorfindet und den Brauprozess verfolgen kann. Daher sind wir gerade dabei diesen Umzug und Umbau der Brauerei in Weilheim zu vollziehen, um dort neben einem kleinen Biergarten auch Bier-Tastings und Führungen anbieten zu können.
Du sprichst von “Wir” – wer sind Deine Mitstreiter?
Ich war recht lange allein, aber momentan macht mein zukünftiger Geschäftspartner Danilo Paulus seine Meisterprüfung in Gräfelfing. Er ist gerade für den Vertrieb zuständig und wird in Zukunft mehr Aufgaben in der Produktion übernehmen. Und wie sich das für ein richtiges Start-up gehört, ist auch Mama Judith Singh mit an Bord. Sie unterstützt uns beim Etikettieren, im Shop und bei allem was so im Tagesgeschäft anfällt.
Was macht Euren Ansatz einzigartig und innovativ?
Wir haben bereits eine breite Produktpalette auch mit klassisch gebrauten Bieren wie Helles oder Pils. Zusätzlich experimentieren wir viel, so beschäftigen wir uns gerade mit einem ganz speziellen Dampfbier. Ein historischer Bierstil aus dem Bayrischen Wald, welcher in der Bierwelt in Vergessenheit geraten ist. Das Brauverfahren eignen wir uns über die Literatur an. Außerdem arbeiten wir immer wieder mit unterschiedlichen mit Partnern zusammen und schaffen gemeinsam neue Bierkreationen , wie z.B. unser „Birra Robusta“, das in Zusammenarbeit mit der Kaffeerösterei Mókuska in Stuttgart entstanden ist. Ein relevanter Punkt ist für uns auch die Bierbildung – die Menschen, die unser Bier trinken, sollen wissen, was den Brauprozess ausmacht und welche Rohstoffe eingesetzt werden.
Was bedeutet euch “Regionalität”?
Als Ur-Weilheimer habe ich den Fokus in der Vermarktung zunächst auf den Aufbau eines lokalen Kundenstamms gelegt, da schon immer langfristig das Ziel war, zurück nach Weilheim zu kommen. Regionalität bedeutet für uns auch unsere Rohstoffe aus der Region zu beziehen. Hier arbeiten wir zum Beispiel mit einer Mälzerei in Franken zusammen, die ihre komplette Rohgerste von Deutschen Landwirten bezieht. Auch unsere Gastronomie-Kunden werden direkt beliefert, um
nah dran zu sein und Feedback zu bekommen. Daher ist uns der lokale Bezug enorm wichtig! Wir verkaufen unser Bier zum größten Teil im Umkreis von 50 km. Mit den neuen Räumlichkeiten wollen wir auch Einblicke in den Gär- und Lagerbereich ermöglichen und nicht nur den Kupferkessel zeigen.
Und was bedeutet euch “Nachhaltigkeit”?
Wir versuchen immer lokale und nachhaltige Alternativen für alle möglichen Bereiche zu finden, auch wenn das bedeutet, dass wir mehr Geld dafür bezahlen, oder auch lokale Lieferengpässe hinnehmen müssen. So kommt unsere Gerste nur aus Süddeutschland und die Mälzerei ist in Bamberg. Den Kürbis für das Butternut Ale beziehen wir vom Rammerthof. Außerdem nutzen wir eine spezielle Flaschenform mit 1/3 weniger Glas, wodurch weniger CO2 im Transport entsteht. Beim Pfandsystem kooperieren wir mit einer Großbrauerei, und die Holzkisten werden von einer Behindertenwerkstatt gefertigt. So versuchen wir immer wieder die einzelnen Stellschrauben ein bisschen nachhaltiger zu gestalten.
Was sind die drei wichtigsten Eigenschaften, die Dich als
Unternehmer auszeichnen?
Zum einen die Faszination für das Thema Bier. Man kann bei diesem
Thema so viel entdecken und muss immer offen sein für Neues. Gleichzeitig braucht man einen gut ausgereiften Geschmacks- und Geruchssinn. Man muss viel probieren, um sich eine große sensorische Datenbank zu schaffen. Natürlich ist auch eine hohe Frustrationstoleranz wichtig, da es enorm viel Zeit und Energie benötigt um eine Brauerei und eine Marke aufzubauen.